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Raum für Gefühle
Was wir nicht fühlen. All die „unangenehmen“ Gefühle, die wir nicht zulassen, mit denen wir nicht in Kontakt treten, die wir beherrscht im stressigen Alltag zur Seite schieben. Sie sind trotzdem da. Sie wirken. Unbewusst oder auch bewusst. Sie wirken. Wir können sie noch so sehr überlagern, versuchen zu kompensieren, vermeiden sie zu spüren. Sie sind da! Manchmal brechen sie aus. Unangemessen. Was wiederum eine Kaskade unangenehmer Gefühle auslöst. Spätestens dann wird es Zeit in sich zu gehen. Sich Raum zu schaffen. Zwei Dinge, die in der modernen Welt zu kurz kommen. Raum und Zeit für Rückzug. Rückzug stärkt. Im Rückzug verdauen wir all unsere gemachten Erfahrungen. Wir schaffen Raum für Gefühle. Damit…
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Der „mach es allen recht“ ‑Antreiber!
Lena weiß, was jede ihrer Freundinnen mag und ist bekannt dafür, die passendsten Geschenke zu besorgen. Sie hat immer ein offenes Ohr, hört geduldig zu, auch wenn sich Themen wiederholen. Manchmal ärgert sie sich, weil sie nicht „Nein!“ sagen kann und oftmals selbst zu kurz kommt. Vor allem wenn es um ihre Mutter geht, schafft sie es nicht, sich abzugrenzen. Sie hat stets das schlechte Gefühl, nicht genug zu tun, was ihre Mutter wiederum gut zu nutzen weiß. Lena weiß, dass sie etwas ändern muss, in letzter Zeit hatte sie des Öfteren Diskussionen mit ihrem Freund, weil aus seiner Sicht die Beziehung zu kurz kommt. Ein typisches Beispiel für den „mach…
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Einer dieser Tage
Es gibt diese Tage, diese Tage, an denen gar nichts stimmig ist. Man hat mehrere Eisen gleichzeitig im Feuer, die vor sich hin schmoren. Auch wenn Eisen eher schmilzt oder verbrennt, fühlt es sich wie ein schmoren an. Wie Projekte, die scharf angebraten wurden, um anschließend in siedender Flüssigkeit still vor sich hin zu garen. Man selbst hat keinen Einfluss mehr auf das weitere Vorankommen, weil man von der Zuarbeit anderer abhängig ist. Das wäre alles nur halb so wild, wenn da nicht diese Antreiber wären. Antreiber sind bestimmte Glaubenssätze, die man in der Kindheit als Absolutheits-Gebot übernimmt. Das können Hoffnungen, Wünsche, Werte, Bedürfnisse sein und auch äußere Belohnungen und…
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Überforderung mit der Selbstliebe
„Du kannst nur jemanden lieben, wenn du dich selbst liebst.“ Dieser Satz ist allenfalls tauglich als seichtes Zitat für die sozialen Medien, jedoch nicht wirklich als Anleitung für ein erfülltes Leben oder eine glückliche Partnerschaft. Selbstliebe an Bedingungen zu knüpfen, als notwendige Voraussetzung, um jemanden zu lieben, schmeckt wie schaler Sekt. Dieser Hype um das Thema Selbstliebe ist mir zu abstrakt, nicht griffig genug. Liebe und auch Selbstliebe haben keinen Schalter, mit dem man sie nach Belieben ein- und ausstellt, hoch und runterreguliert. Wenn man wüsste, wie das mit dem sich selbst lieben geht, dann würde es jeder tun. Den meisten Menschen fällt es leichter jemand anderen zu lieben als…
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Hinter den Kulissen des Feedbacks
Feedback war schon immer ein Reizwort für mich. Die Bezeichnung kommt aus der Mechanik, genauer gesagt aus der Kybernetik. Eine Wissenschaft, die sich mit der Steuerung und Regelung von Maschinen befasst. Analogien, die aus einem mechanischen Menschenbild herrühren, sind in unserer Wirtschaft weit verbreitet. In meinen Workshops werde ich nicht müde, darauf zu verweisen, dass Feedback ein hochsensibles Thema sein kann und nicht mit allgemeingültigen Regeln anzugehen ist. Das, was Menschen tun, ist ebenso subjektiv bestimmt wie das, was Menschen rückmelden. Zumal Menschen im beruflichen Kontext eher selten sagen und tun, was sie wirklich denken und fühlen. Mir war stets wichtig, zu verdeutlichen, dass wir ungebeten — auch wenn es…
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Hör Mal auf zu atmen!
Im letzten Jahr habe ich den Atem als eine der bedeutsamsten und zugleich selbstverständlichsten Funktionen entdecken können. Atmung ist ein komplexer Vorgang, der vom Atemzentrum im Hirnstamm gesteuert wird. Der Hirnstamm, den schon Reptilien aufweisen, ist für unser Überleben wichtig. Atmung ist eine autonome Grundfunktion des menschlichen Körpers und die einzige automatisch gesteuerte, die wir zumindest zeitweise willentlich beeinflussen können. Es war an einem Winterabend im Jahr 2018. Ich saß im Zug Richtung Heimat. Mein Blick streifte ins dunkle Nichts und während die Regentropfen außen am Glas entlang liefen, drang eine Stimme zu mir durch – meine Stimme. So kannst du nicht weiter machen, dein Körper packt das nicht auf Dauer.…